Dicker Diesel bremst Forstbetriebe

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IHB / Ingo Lau
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Dieselfilter bei -18°C: Das Parraffin quillt aus allen Falten

Sibirische Kälte in Deutschland und Europa mit Temperaturen im zweistelligen Minus-Bereich. Normalerweise lässt das die Herzen von Forstbetriebsleitern und Forstunternehmern höher schlagen. Steile Hänge und sensible Böden werden befahrbar, und eingeschlagenes Holz, das dort oft lange auf seine Abholung wartet, kann endlich gerückt werden.

Die Realität in deutschen Forstbetrieben sah Ende Januar und in den ersten beiden Februar-Wochen oftmals anders aus. Viele Forstmaschinen standen. So auch der Forwarder von Johann Prommersberger. Am Montag Morgen des 6. Februar waren die Temperaturen zwischen Grafrath und Schöngeising am Ammersee, dem Einsatzort Prommersbergers, in den kritischen Bereich um -20°C gefallen. Als der Forstunternehmer den Dieselmotor seines HSM 208F starten wollte, wollte der zwar starten, aber er konnte nicht. Der Diesel, den Prommersberger bei der BayWa getankt hatte, war versulzt.

Wie Prommersberger ging es an diesem Morgen vielen Forstunternehmern. Rund 20 Harvester, über ganz Deutschland verteilt, das erfuhr der junge Unternehmer später über den Buschfunk, verweigerten an diesem Tag den Dienst. Viele von ihnen waren bei der BayWa betankt worden.  Der Diesel, der von dem Münchner Handels- und Dienstleistungskonzern verkauft wird, entspricht nach Angaben von BayWa-Unternehmenssprecherin Maria Crusius der DIN EN 590.

Moderne Motoren leiden schneller
Ein Blick in diese EU-Norm, die die Eigenschaften von Dieselkraftstoffen regelt, verdeutlicht das Problem. Dort wird in Kraftstoffe für gemäßigte und arktische Klimazonen unterschieden. Für Winterdiesel, der im klimatisch gemäßigten Deutschland verkauft wird, ist demnach ein Cold Filter Plugging Point (CFFP) von -20°C vorgeschrieben. Darunter ist der Kraftstoff nicht mehr filtrierbar und kann damit die Einspritz-Systeme moderner Dieselmotoren nicht mehr passieren.

Wie so etwas aussieht, bekam Werner Amm in den kalten Tagen gleich mehrfach zu sehen. Wachsartiges Paraffin quillt aus allen Filterfalten (Foto). Die Angestellten des John Deere-Händlers in Neuhaus am Rennweg hatten während der Kälteperiode täglich bis zu 15 Einsätze an stehenden Forstmaschinen zu bewältigen. In den Thüringer Hochlagen standen Harvester und Forwarder teilweise sogar über mehrere Tage. Häufigste Ursache: Dieselprobleme. "Neuere Maschinen mit feineren Filtern, die in Deutschland betankt wurden, waren am häufigsten betroffen", berichtet Amm. Selbst die Standheizungen seien nicht angelaufen, weil die Dieselförderpumpen den Kraftstoff nicht ansaugen konnten. Bereits bei Temperaturen unter -18°C hätten sich die Probleme gehäuft. Hingegen ließen sich fabrikneue Maschinen, die auf Amms Hof stehen, und in Finnland mit arktischem Winterdiesel betankt wurden, ohne Probleme starten. Einen solchen arktischen Diesel, der bis -30°C winterfest ist, hat auch die BayWa im Programm, doch wird der nur auf Nachfrage verkauft.

Winterfestigkeit schwankt mit Biodiesel-Anteil
Die Erfahrung, dass die Winterfestigkeit des Diesels je nach Region und Kraftstoffhändler schwankt, hat auch Sebastian Berger gemacht. Der stellvertretende Forstbetriebsleiter bei den Bayerischen Staatsforsten (BaySF) in Bodenwöhr führt dies auf unterschiedliche Biodiesel-Anteile im Kraftstoff zurück. Die EN 590 erlaubt in Deutschland FAME-Anteile von bis zu 7 Prozent. FAME steht für Fettsäuremethylester, dem Hauptbestandteil von Biodiesel. Hohe Anteile verschlechtern das Kälteverhalten, da Fettsäuremethylester bereits bei -10°C langsam fest werden und zudem die Löslichkeit von Wasser im Kraftstoff erhöhen.

Nach Einschätzung Bergers hatten die stehenden Maschinen aber keine nennenswerten negativen Auswirkungen auf die Holzbereitstellung im Bereich der BaySF. "Das nass-warme Schmuddelwetter im November und Dezember hat uns diesbezüglich deutlich mehr zu schaffen gemacht", so Berger.

Das bestätigt auch Franz-Josef Risse, Leiter des Geschäftsbereichs Zentrale Holzbereitstellung beim Regierungspräsidium Tübingen. "Insgesamt war die kalte Witterung für uns hilfreich", so Risse. In Baden-Württemberg, wo die Temperaturen nicht ganz so tief in den Keller fielen wie im Süden und Osten, hätten sich die Probleme mit Forstmaschinen auf Einzelfälle beschränkt. In Summe habe man während der Kälte deutlich mehr Holz rücken können als im November und Dezember.

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